34. Jahrestag des Giftgasangriffs auf die kurdische Stadt Halabja
Am 16. März 1988 wurde die Stadt Halabja/Helebce in Kurdistan-Irak vom Regime des irakischen Diktators Saddam Hussein mit chemischen Waffen angegriffen. Der Diktator wollte ein Exempel an den KurdInnen statuieren.
Rund 5000 Menschen starben, weitere Tausende wurden verletzt. Innerhalb von drei Tagen hat das irakische Militär 440 Giftgasbomben über der Stadt abgeworfen. Die große Mehrheit der Opfer waren Frauen und Kinder, die qualvoll erstickten. Die Bilder der Giftgasopfer von Halabja haben sich tief ins Gedächtnis der kurdischen Bevölkerung eingegraben.
Der Angriff erfolgte im Rahmen der Al-Anfal-Kampagne, die sich gegen die im Irak lebenden Kurdinnen und Kurden richtete. Bei diesem Vernichtungsfeldzug des Saddam-Regimes wurden ca. 400.000 Menschen verschleppt, ca. 180.000 Menschen wurden getötet oder verschwanden spurlos.
Wir gedenken voller Trauer der Opfer und Hinterbliebenen und richten zugleich unseren Blick auf die Lehren, die zu ziehen sind. Solche Grausamkeiten dürfen sich nie mehr wiederholen.
Zahlreiche deutsche Firmen und andere europäische Konzerne waren an der Herstellung des tödlichen Giftgases, das bei dem Angriff eingesetzt wurde, beteiligt. Rund 60 Unternehmen aus der Bundesrepublik Deutschland, darunter Preussag (heute TUI), Water Engineering Trading GmbH (W. E. T.), Karl Kolb und Pilot Plant, lieferten allein etwa 70 Prozent der Produktionsanlagen für die chemischen Kampfstoffe (siehe z. B. Süddeutsche Zeitung, 26. November 1997).
Bereits seit 1984 war die Bundesregierung durch westliche Geheimdienste über die Rolle deutscher Firmen beim Bau der irakischen Giftgaslabore informiert. Dennoch liefen die Exporte weiter.
Doch die späteren Verfahren in Deutschland verliefen im Sande. Nach 1990 wurde insgesamt gegen 22 Angestellte von zehn deutschen Firmen ermittelt – am Ende standen nur drei kurze Bewährungsstrafen. Bis heute ist der Beitrag, den deutsche Firmen zum Giftgas-Massaker in Halabja geleistet haben, kaum aufgearbeitet. Entschädigungen zahlte niemand. Auch die irakische Zentralregierung hat bisher keine Entschädigungszahlung geleistet.
Zuletzt hatte sich im vergangenen Jahr der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Verbrechen an den irakischen Kurdinnen und Kurden als Völkermord anerkennen – Gerechtigkeit für die Opfer herstellen“ (BR-Drs. 19/26562) befasst, jedoch eine Ablehnung empfohlen. In der Debatte wurde zum Teil angeregt, das Thema in der nächsten Wahlperiode neu aufzugreifen und umfangreicher aufzuarbeiten. Dies sollte nunmehr auch tatsächlich erfolgen!
Wir appellieren an die neue Bundesregierung und den Bundestag, sich mit dem Völkermord von Halabja und seinen Folgen für Stadt sowie seine Bevölkerung auseinanderzusetzen und sich – gerade angesichts der deutschen Verwicklung in dieses unfassbare Verbrechen – für effektive Hilfeleistungen an die Überlebenden und die Angehörigen der Giftgasopfer einzusetzen.