Im Gedenken an die kurdischen Opfer in Qamishli/ Syrien 2004
Wir erinnern heute an die Opfer der brutalen Unterdrückungswelle in den kurdischen Städten und Siedlungsgebieten in Syrien, die vor 12 Jahren, am 12. März 2004, ihren Ausgangspunkt nahm.
Auslöser waren Übergriffe anlässlich eines Fußballspiels in der kurdischen Stadt Qamishli. Dabei provozierten zunächst Saddam-Anhänger und syrische Extremisten Zusammenstöße mit kurdischen Fans. Die Anhänger der einen Mannschaft (Al Dschihad) waren überwiegend Kurden, während die andere Mannschaft (Al Fatwa) hauptsächlich von Arabern unterstützt wurde. Letztere riefen Parolen pro Saddam Hussein und warfen vor dem Anpfiff des Spiels mit Steinen auf die kurdischen Fans von Al Dschihad und gingen mit Eisenketten gegen sie vor.
Statt für eine Deeskalation zu sorgen, stellten sich die Sicherheitskräfte auf die Seite der arabischen Provokateure. Bei dem Versuch der kurdischen Fans, aus dem Stadion zu flüchten, brach eine Massenpanik aus. An diesem Tag kam neun Personen ums Leben
Am folgenden Tag riefen Demonstranten in einem Trauerzug für die Opfer Parolen gegen Bashar-al-Assad, hissten kurdische Flaggen und warfen Steine auf eine Statue des verstorbenen Präsidenten Hafiz al-Assad.
Im Gefolge dieses Ereignisses gingen die Sicherheitskräfte mit aller Härte vor; Sicherheitskräfte schossen – offensichtlich vorsätzlich – auf kurdische Demonstranten, wobei es zu zahlreichen Toten und Verletzten kam. In den folgenden Tagen, als die Wut der kurdischen Bevölkerung explodierte und mit spontanen Protesten reagierte, kam es zu brutalen Übergriffen der syrischen Sicherheitskräfte und willkürlichen Festnahmen in mehreren kurdischen Städten und Siedlungsgebieten.
Auch anlässlich der Gedenkmärsche zum Jahrestag des Giftgasmassakers an Kurden in Halabja (Kurdistan-Irak) lösten syrische Sicherheitskräfte Veranstaltungen gewaltsam auf und schossen in die Menge.
Insgesamt wurden in dieser Zeit 500-1000 Personen festgenommen und insgesamt 200 Personen verletzt. In den kurdischen Siedlungsgebieten in Syrien wurde der Ausnahmezustand verhängt. Bewaffnete Trupps in Zivil verübten Übergriffe auf die kurdische Zivilbevölkerung; schwerverletzte Kurden wurden von Soldaten daran gehindert, sich in staatlichen Krankenhäusern und Kliniken medizinisch versorgen zu lassen.
Im Zuge der Verhaftungswelle, die vor allem in den kurdischen Städten wie z.B. Qamishli, Amude, al-Hasaka, Dêrik, Kobanî, Serê Kaniyê, Tirbespî und Afrin sowie den mehrheitlich von Kurden bewohnten Stadtvierteln von Aleppo und Damaskus stattfand, kam es auch zu Folterungen. Ein Teil der Festgenommenen wurde später freigelassen, andere wanderten hingegen für lange Zeit ins Gefängnis.
Diese Übergriffe gegen die kurdische Bevölkerung standen damals in engem Zusammenhang mit den Entwicklungen im Irak. Seit dem Sturz Saddam Husseins wurden auch die Machthaber Syriens nervös. Die damals erfolgte Verabschiedung der irakischen Übergangsverfassung, welche den Kurden im Irak föderale Rechte zugestand, löste bei der politischen Klasse in Syrien Besorgnis aus. Auch innerhalb der kurdischen Bevölkerung in Syrien wuchs der Wunsch nach Demokratie und Selbstbestimmung.