Wir gedenken und erinnern: 30 Jahre Halabja
Der Völkermord von Halabja jährt sich heute zum 30. Mal. Am 16. März 1988 bombardierte die irakische Luftwaffe unter Saddam Hussein die Zivilbevölkerung der kurdischen Stadt Halabja in Kurdistan-Irak mit Giftgas. Der Diktator wollte ein Exempel an den Kurden statuieren. Innerhalb kürzester Zeit wurden 5.000 Menschenleben ausgelöscht.
Die große Mehrheit der Opfer waren Frauen und Kinder, die qualvoll erstickten. Etwa 10.000 Menschen wurden verletzt und leiden heute noch an den Folgen der Giftgasattacke.
Dieser Angriff war auch deshalb möglich, weil deutsche Firmen die irakischen Anlagen für die Giftgasproduktion bauten. Laut der UN-Untersuchungskommission UNSCOM stammen sogar 70 Prozent der Giftgasanlagen Iraks von bundesdeutschen Firmen. Bereits seit 1984 war die Bundesregierung durch westliche Geheimdienste über die Rolle deutscher Firmen beim Bau der irakischen Giftgaslabore informiert. Dennoch liefen die Exporte weiter.
Die Verantwortlichen wurden hierfür nur zum Teil und nur mit geringen Strafen juristisch zur Rechenschaft gezogen. Nach 1990 wurde insgesamt gegen 22 Angestellte von zehn deutschen Firmen ermittelt – am Ende standen nur drei kurze Bewährungsstrafen. Entschädigungen zahlte niemand.
Bis heute hat keine deutsche Bundesregierung eine deutsche Mitverantwortung eingestanden.Im März 2013 äußerte der Deutsche Bundestag sein tiefes Bedauern darüber, dass die Verbrechen in Halabja mit Giftgas verübt wurden, dessen Herstellung „mit illegalen Lieferungen deutscher Firmen“ ermöglicht wurde.
Weitere Schritte einer Entschuldigung an die Opfer und der Versuch, der unter den Folgen leidenden Bevölkerung substantiell zu helfen, blieben jedoch aus.
Dabei wäre dies längst überfällig. Neben Staaten wie Norwegen und Großbritannien stufte auch der Internationale Strafgerichtshof diesen Giftgasangriff als Genozid ein.
Auch 30 Jahre danach bleiben die Verbrechen an der Bevölkerung von Halabja ein fester Bestandteil der kurdischen Gedenk- und Erinnerungskultur. Wir appellieren an die neue Bundesregierung und den Bundestag, sich mit dem Völkermord von Halabja und seinen Folgen für Stadt sowie seine Bevölkerung auseinanderzusetzen und sich – gerade angesichts der deutschen Verwicklung in dieses unfassbare Verbrechen – für effektive Hilfeleistungen an die Überlebenden und die Angehörigen der Giftgasopfer einzusetzen.
Bonn, 16.03.2018